• Der High Court von Madras erklärte XRP und andere Kryptowährungen als „erkennbares, bewegliches und mittels privater Schlüssel verwaltbares Eigentum“.
  • Im Streit um eingefrorene Konten nach dem WazirX-Hack wies das Gericht eine Zuständigkeitsverlagerung ins Ausland zurück und stärkte die Position eines geschädigten Anlegers.

Die rechtliche Klassifizierung digitaler Vermögenswerte hat in Indien eine neue Dimension erreicht. In einem Fall im Zusammenhang mit dem WazirX-Hack entschied das Madras High Court laut Financial Express, dass XRP und andere Kryptowährungen nach indischem Recht als Eigentum gelten.

Der vorsitzende Richter stellte fest, dass Krypto-Assets

„ausschließlich über private Schlüssel identifizierbar, beweglich und verwaltbar“

seien und somit eine besondere Vermögensform darstellten.

Die Entscheidung schafft zwar keine eigene Anlageklasse, aber eine Rechtsgrundlage für zivil- und strafrechtliche Maßnahmen – von der Pfändung und Einziehung bis hin zur Insolvenzbehandlung.

Eigentumsstatus und Vollstreckung: Was das Urteil praktisch eröffnet

Die Einstufung als Eigentum hat unmittelbare Folgen für die Rechtsdurchsetzung. Behörden und Gerichte können digitale Vermögenswerte künftig mit etablierten Instrumenten adressieren – etwa Sicherstellung, Pfändung und Rückgabe an Geschädigte – sofern sich der Zugriff auf die zugehörigen Schlüssel oder auf Verwahrinstanzen rechtlich durchsetzen lässt.

Für geschädigte Anleger verbessert sich die Position insbesondere bei Streitigkeiten um eingefrorene Bestände, Treuhand- oder Verwahrpflichten und die zivilrechtliche Haftung von Intermediären.

Für Marktbeteiligte wirft das Urteil operative Fragen auf. Börsen und Verwahrer müssen Prozesse für „legal holds“, Auskunftsanordnungen und Beweissicherung klar regeln, inklusive Protokollen zur Schlüsselverwaltung, zu Freeze-Mechanismen und zu revisionssicheren Audit-Trails.

Versicherer und Treuhänder erhalten zugleich mehr Rechtssicherheit bei der Ausgestaltung von Policen, Sicherheiten und Konkursmassen. Steuerlich bleibt die Einordnung als Eigentum ein Baustein unter mehreren, ohne Aussagen zur Ertragserfassung oder zur GST-Behandlung vorwegzunehmen.

WazirX-Verfahren: Zuständigkeit, Anlegerrechte und Wiederöffnung

Anlass des Verfahrens war ein Cyberangriff auf die von Zanmai Labs betriebene Börse WazirX. Ein Investor hatte im Januar 3.532,30 XRP im Gegenwert von ₹1.98.516 erworben; nach einem Hack im Juli in Höhe von rund 230 Mio. US-Dollar (Ethereum und ERC-20-Token) wurden Nutzerkonten – darunter auch das Konto des Klägers – eingefroren.

Der High Court wies Argumente zurück, wonach die Zuständigkeit wegen beklagter Auslandsbezüge (unter anderem mit Hinweis auf Singapur) nicht gegeben sei, und stützte damit die gerichtliche Befassung im indischen Forum.

Obwohl WazirX Einzahlungen später wieder freischaltete, kam es zu Beschwerden über weiter blockierte Mittel – ein Aspekt, der die praktische Relevanz der Eigentumsqualifikation für die Rückabwicklung unterstreicht.

Für die Branche ist die Entscheidung in mehrfacher Hinsicht richtungsweisend. Erstens stärkt sie die Möglichkeit, bei Sicherheitsvorfällen gerichtliche Sicherungs- und Herausgabeanordnungen zu erwirken – auch gegenüber Drittverwahrern.

Zweitens gibt sie Marktteilnehmern einen Rahmen, um Verwahr- und Haftungsregeln an traditionelle Standards anzugleichen, etwa bei Sorgfaltspflichten, Meldewegen und internen Kontrollen.

Drittens könnte sie die Vertragsgestaltung beeinflussen, etwa durch explizite Klauseln zur Behandlung von „digital assets as property“, zu Gerichtsstandsvereinbarungen und zu Pfandrechten an Token-Beständen.

Gleichzeitig bleiben offene Punkte. Die Entscheidung eines High Courts ist zwar prägend, ersetzt aber keine landesweite Kodifizierung. Künftige Urteile anderer Gerichte, regulatorische Leitlinien der Notenbank und ministerielle Verlautbarungen werden bestimmen, wie weitreichend die Eigentumsqualifikation in der Praxis reicht – insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, multilateralen Vollstreckungen und der Frage nach dem Verhältnis zu straf- und aufsichtsrechtlichen Regimen.

Für Anleger und Anbieter lautet das Gebot der Stunde, Verträge, Verwahrarchitekturen und Incident-Response-Pläne an die neue Rechtsprechung anzupassen und Beweis- sowie Pfad-Dokumentation frühzeitig zu stärken.