- Verra setzt Hedera Guardian ein, um mehr als 20 CO₂-Methodologien als digitale Workflows abzubilden und Nachweisführung, Audit und Ausgabeprozesse zu standardisieren.
- Das Framework verbindet verifizierbare Nachweise, Richtlinien-Automatisierung und Token-Lifecycle-Management, um doppelte Anrechnungen zu vermeiden und Rücknahmen revisionssicher zu dokumentieren.
Verra, Administrator eines der wichtigsten Standards im freiwilligen Kohlenstoffmarkt, baut seine digitale Strategie aus. Das Unternehmen nutzt Hedera Guardian, ein Open-Source-Framework auf Basis der Hedera-Infrastruktur, um Methoden in maschinenlesbare Richtlinien zu übersetzen und MRV-Prozesse (Measurement, Reporting, Verification) programmgesteuert zu verwalten.
Laut Hedera wurden inzwischen mehr als 20 Methoden digitalisiert. Ziel ist es, die Prozesssicherheit zu erhöhen, die Rückverfolgbarkeit in der Projektkette zu erleichtern und standardisierte Schnittstellen für Prüfer, Projektentwickler, Registrare und Handelsplätze bereitzustellen.
Von der Feldmessung zur Ausgabe: Digitale Belegkette im Detail
Guardian modelliert Methodologien als Richtlinienbäume, in denen konkrete Nachweise – von Feldmessungen über Satellitendaten bis zu Laborberichten – als verifizierbare Anmeldaten hinterlegt werden.
Projektträger reichen Evidenzen in Form verifizierbarer Berechtigungsnachweise ein, die von akkreditierten Prüfinstanzen signiert werden. Das Framework erzeugt daraus einen unveränderlichen Audit-Trail auf Hedera: Zeitpunkt, Prüfer, Eingabedaten und Ergebnis werden als Ereignisse fixiert, ohne sensible Rohdaten offenzulegen.
Nach erfolgreicher Prüfung kann ein digitaler Vermögenswert erstellt werden, der die Emissionseinheit repräsentiert. Der Token-Lifecycle umfasst Ausgabe, Transfer, Split/Merge und Rücknahme; jede Aktion erzeugt nachvollziehbare Zustandsänderungen.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Vermeidung doppelter Anrechnung: Guardian führt eindeutige Projekt- und Chargenkennungen, überprüft Abhängigkeiten und sperrt Einheiten nach der endgültigen Rücknahme.
Für Betreiber ist die Trennung zwischen Off-Chain-Datenhaltung und On-Chain-Belegführung zentral. Sensible Primärdaten verbleiben in gesicherten Datentresoren; on-chain werden Hashes, Zeitstempel und Berechtigungsnachweise gespeichert. Selektive Offenlegung erlaubt Prüfern und Handelspartnern den Zugriff auf die jeweils benötigten Attribute, während Geschäftsgeheimnisse geschützt bleiben. Orchestriert wird dies über das Policy-Studio, in dem Rollen, Freigabeschritte und Eskalationspfade definiert sind.
Handel und Abwicklung: Regeln für Collateral und Rücknahmen
Mit der Tokenisierung rücken Handels- und Abwicklungsfragen in den Vordergrund. Guardian-basierte Einheiten lassen sich technisch in Handelsplätze oder bilaterale Off-Chain-Abrechnungen einbinden.
Für Collateral-Verwendungen gelten klare Leitplanken: Haircuts, Margin-Anforderungen und Aufbewahrungsfristen müssen mit den Rücknahmeregeln des Registers kompatibel sein, damit eine endgültige Kompensation („Retirement“) Priorität behält.
Rücknahmen werden on-chain markiert und sind danach nicht mehr übertragbar, wodurch die Langlebigkeit der Auditspur gewahrt bleibt. Für Börsen bedeutet dies, Schnittstellen für Statusprüfungen vorzuhalten und Token-Zulassungen an verlässliche Herkunfts- und Seriennachweise zu knüpfen.
Betriebsseitig adressiert das Setup drei Risikokategorien. Erstens technische Integrität: Audits der Smart-Policies, Notfallmechanismen und Rollenprüfungen begrenzen Ausführungsfehler.
Zweitens Datenqualität: definierte Mindestanforderungen an Messmethoden, Kalibrierung und Prüfschritte erhöhen die Vergleichbarkeit zwischen Projekten. Drittens Governance: Änderungen an Methodologien oder Parametern laufen über versionierte Richtlinien, sodass Alt- und Neu-Emissionen sauber trennbar bleiben.
Für Unternehmen und Finanzinstitute schafft die digitale Belegkette Anknüpfungspunkte für Zahlungs-, Lieferketten- und Berichtsprozesse. Scope-3-Nachweise können konsistenter abgelegt, interne Carbon-Budgets verknüpft und Emissionsausgleiche mit revisionssicheren Belegen dokumentiert werden. Damit entsteht ein Rahmen, in dem CO₂-Einheiten programmatisch in Verträge, Abrechnungen und ESG-Berichte eingebunden werden können, ohne die Anforderungen an Vertraulichkeit und Auditierbarkeit zu unterlaufen.