- Ondo Finance hat eine FMA-Billigung für einen Basisprospekt erhalten und kann tokenisierte Aktien und ETFs EU-weit mit Passporting auch an Privatanleger anbieten.
- Das Unternehmen verweist auf 315 Mio. US-Dollar TVL und über 1 Mrd. US-Dollar Volumen seit Start und positioniert sich als Plattform für tokenisierte Wertpapiere.
Ondo Finance hat von der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) grünes Licht für einen Basisprospekt erhalten, der die Emission tokenisierter Aktien und börsengehandelter Fonds regelt. Dank der EU-/EWR-Passrechte der FMA kann der Prospekt in bis zu 30 europäischen Märkten genutzt werden.
Damit rückt der Vertrieb an Privatanleger in den Fokus – ein Schritt, der über das bisher dominierende Profi-Segment hinausgeht und die Reichweite potenziell auf mehr als 500 Millionen Anleger erhöht.
Operativ fungiert der Basisprospekt als rechtlicher Rahmen für künftige Tranchierungen und Einzelprospekte. Er definiert Emittentenrolle, Verwahr- und Abwicklungswege, Rechte und Pflichten der Inhaber, Offenlegungspflichten, Kosten und Risiken.
Für Investoren bedeutet das eine Annäherung an gewohnte EU-Wertpapierstandards: standardisierte Risikohinweise, zentrale Anlegerinformationen, Melde- und Rechnungslegungsregeln sowie Vorgaben zu Interessenkonflikten.
Die Token selbst werden auf einer Blockchain ausgegeben, während Rechte und Pflichten in traditionellen Rechtsrahmen verankert sind. Settlement-Modelle können so gestaltet sein, dass On-Chain-Eigentumsnachweise mit Off-Chain-Register- und CSD-Prozessen kompatibel bleiben.
Für die Skalierung entscheidend ist die Interoperabilität mit Kerninfrastruktur: Banken und Broker benötigen Schnittstellen für Zeichnung, Depotführung und Steuerreporting; Market-Maker achten auf klare Eigentumszuordnung, Corporate-Action-Flows und verlässliche Finalität. Das Modell zielt darauf, Handels- und Verwahrketten zu straffen, ohne regulatorische Mindeststandards zu unterlaufen.
Einordnung für Marktteilnehmer: Chancen und Prüfsteine
Mit der EU-Zulassung adressiert Ondo zwei strukturelle Engpässe der Tokenisierung: rechtssichere Produktverpackung und EU-weiter Zugang. Der Zugang für Privatanleger eröffnet neue Nachfragekanäle, stellt Anbieter aber vor hohe Anforderungen. Drei Punkte stehen im Vordergrund:
Anlegerschutz und Transparenz. Emittenten müssen ein konsistentes Set an Offenlegungen liefern, inklusive Preisbildung, Spreads, Token-spezifischen Risiken (Smart-Contracts, Schlüsselverwaltung, Brücken), Kostenstruktur und Liquiditätsquellen. Für Privatanleger ist die Unterscheidung zwischen Basiswert-ETF und dessen tokenisierter Hülle zentral.
Verwahrung und Abwicklung. Die Wahl zwischen On-Chain-Custody, qualifizierter Verwahrung und möglicher CSD-Anbindung bestimmt Kosten, Risiko und Kompatibilität mit Bankprozessen. Klare Regeln für Verlust, Diebstahl oder technische Störungen – inklusive Notfall-Wiederherstellung – sind zwingend.
Marktliquidität und Sekundärhandel. Tokenisierte Wertpapiere benötigen belastbare Market-Maker-Setups, enge Spreads und verlässliche Handelsfenster. Für Rücknahmen und Kreationen sind standardisierte Prozesse und Tages-Cut-Offs erforderlich, damit der Token eng am Nettoinventarwert des Basiswertes bleibt.
Ondo verweist auf 315 Mio. US-Dollar Total Value Locked sowie auf kumulierte Handelsvolumina von über 1 Mrd. US-Dollar seit Start und positioniert sich damit als etablierter Akteur. Für europäische Intermediäre könnte die Plattform ein Baustein sein, um Wertpapier-Workflows schrittweise on-chain zu verlagern – zunächst in Nischen (Fraktionalisierung, 24/7-Abwicklung, grenzüberschreitende Distribution), perspektivisch in größere Produktkörbe.
Regulatorisch bleibt die Harmonisierung mit MiCA, MiFID II, Prospekt- und Marktmissbrauchsregeln maßgeblich. Nationale Behörden werden beobachten, wie Stabilität, Anlegerinformation und die Behandlung von Corporate Actions in der Praxis funktionieren. Für Anbieter gilt: Schnittstellen zu Depots, Steuer- und Meldewegen früh standardisieren, robuste Smart-Contract-Reviews etablieren und klare Haftungs- sowie Versicherungsrahmen kommunizieren.
Mit der FMA-Billigung ist der rechtliche Startschuss gefallen. Ob tokenisierte Aktien und ETFs über den Piloten hinaus Breite finden, entscheidet sich an Ausführungsqualität, Kosten, Liquidität – und daran, wie nahtlos Banken, Broker und Anleger ihre bestehenden Prozesse mit der On-Chain-Schicht verbinden können.






